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Christian Kramer (Dritter von links), neben ihm Marc Jäger, Beatrice Wochele Bindschädler, Noemi Leu und hinter ihr Thomas Leu inmitten der Besucher
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Wie sich nach simulierten «Störungen» der Natur reiches Leben entfaltet – die «Ruderalfläche» in Mettau wird es zeigen

(mig) Am Freitag ist vor dem Verwaltungszentrum Mettau eine Ruderalfläche eingeweiht worden. Sie bildet den Lebensraum für eine vielfältige Artenwelt und wurde von der Raiffeisenbank Regio Frick-Mettauertal finanziert.

Manchmal ist es klug, die Bedeutung alltäglicher Begriffe zu hinterfragen, um sich nicht in den Fallstricken der Semantik zu verfangen. Der Begriff «Totholz» klingt gemeinhin nicht nach blühendem Leben, «Steingärten» wecken eher unangenehme Assoziationen, und «die Störung der Natur» scheint eine Aktion zu sein, die man lieber unterlassen sollte. Dass sich die Sachlage manchmal anders verhält, wurde am Freitag bei der Einweihung der «Ruderalfläche» beim Verwaltungszentrum in Mettau deutlich. Mitten im Ort wird sich in Kürze eine vielfältige Flora und Fauna entwickeln.

Zahlreiche Besucher waren zur Einweihung gekommen.Gemeindepräsident Christian Kramer und die unter anderem für Liegenschaften zuständige Gemeinderätin Beatrice Wochele Bindschädler begrüssten eine stattliche Zahl von Bürgerinnen und Bürgern, die sich über die neu gestaltete «Ruderalfläche» informieren wollten. «Es erfüllt mich mit Freude und Stolz, dass wir einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten dürfen», sagte die Rätin und dankte allen, die das Projekt finanziert und realisiert hatten.

Wie kam es zu dem Projekt?

Die Raiffeisenbank Regio Frick-Mettauertal legte anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens einen Jubiläumsfonds auf, aus dem jede Gemeinde des Verbreitungsgebiets eine Summe von 25'000 Franken zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten erhielt. Es geht dabei um erneuerbare Energien, Elektromobilität und ökologische Vielfalt – so wie in der Gemeinde Mettauertal. Marc Jäger, Leiter der Raiffeisenbank Regio Frick-Mettauertal, erklärte: «Wir wollen damit zeigen, dass die Bank ein Teil der Gesellschaft ist.»

Was ist eine Ruderalfläche?

Thomas Leu, Inhaber und Geschäftsführer der mit der Umsetzung beauftragten Firma «Florian Gartenbau» erklärte, dass eine der Natur überlassene Fläche in den hiesigen Breitengraden binnen weniger Generationen von Wald bedeckt wäre. Ein Wald ist zwar nichts Schlechtes, aber viele Insekten, Kleinlebewesen und Pflanzen brauchen mehr als nur Waldflächen.
In der Natur kommen immer wieder kleinere oder grössere Ereignisse wie Überschwemmungen oder Erdrutsche vor. Dann entstehen die sogenannten Ruderalflächen, die gerade in der frühen Phase der Wiederbelebung von unzähligen Insekten und Kleinlebewesen bevölkert werden und für deren Überleben existenziell wichtig sind. In einem dicht besiedelten, hochtechnisierten und zivilisierten Land versucht man freilich aus leicht nachvollziehbaren Gründen, solchen natürlichen Störungen vorzubeugen. Daher werden zum Zwecke des Artenschutzes auf ausgewählten Arealen «Störungen» simuliert, um Ruderalflächen zu schaffen.

Das Konzept

Die Pflanzen wurden so ausgewählt, dass vom Frühling bis in den Spätherbst hinein immer Blüten zu sehen sind.Ursprünglich befand sich beim Verwaltungszentrum eine Kiesfläche, die mit Heisswasser gegen wucherndes Unkraut geschützt werden musste und nicht unbedingt eine Augenweide war. Thomas Leus Tochter Noemi Leu entwarf das Konzept zur Umwandlung der Kies- in eine Ruderalfläche. Sie hatte Pflanzen und Sträucher so ausgewählt, dass vom Frühjahr bis zum Herbst immer etwas blüht – das erfreut das Auge und dient den Insekten als Nahrung. Pollersteine speichern Wärme und sind ideale Habitate für Reptilien und Amphibien. Totholz und Wurzelstöcke werden, anders als der Name vermuten lässt, von bis zu 1000 Insektenarten bewohnt. Abgeschrägte Sandflächen, die oft nach Erdrutschen entstehen, werden von Wildbienen gerne angenommen. Ausserdem wurden Bäume gepflanzt: «Sie spenden Schatten, und die Blätter verdunsten Wasser, daher wirken sie wie eine natürliche Klimaanlage», so Noemi Leu.

Die Pflanzen wurden so ausgewählt, dass vom Frühling bis in den Spätherbst hinein immer Blüten zu sehen sind.Der Ausblick

Zwar braucht man im Moment noch ein wenig Fantasie, um sich vorzustellen, dass sich in absehbarer Zeit eine Vielzahl von Insekten und Kleinlebewesen vor dem Verwaltungszentrum tummeln wird, aber es gibt auch jetzt, selbst im Spätherbst, noch etwas zu sehen: Einige Stauden und Margeriten blühen, und der Schwarzdorn trägt dunkelblaue Beeren, die für Vögel (nicht für Menschen) eine Delikatesse sind. Zur Ergänzung stiftete die Firma Florian Gartenbau ein Die Firma Florian Gartenbau stiftete das von Lehrlingen erbaute Insektenhotel.Insektenhotel, das von Lehrlingen gebaut worden war. «Was Sie heute sehen, ist erst der Beginn einer Entwicklung», so Thomas Leu. «In zwei, drei Jahren sehen Sie hier viel Grün, aber keine Steine mehr.» Die Fläche werde nicht wie ein klassischer Garten aussehen, aber zu jeder Jahreszeit Schönheit bieten.

Bild 1: Christian Kramer (Dritter von links), neben ihm Marc Jäger, Beatrice Wochele Bindschädler, Noemi Leu und hinter ihr Thomas Leu inmitten der Besucher
Bild 2: Zahlreiche Besucher waren zur Einweihung gekommen.
Bilder 3 und 4: Die Pflanzen wurden so ausgewählt, dass vom Frühling bis in den Spätherbst hinein immer Blüten zu sehen sind.
Bild 5: Die Firma Florian Gartenbau stiftete das von Lehrlingen erbaute Insektenhotel.
Fotos: Michael Gottstein